Kurt Cobains Selbstmord war die Schlagzeile der meisten Fernseh- und Radiostationen der westlichen Welt am Morgen des 6. April 1994. Dass an jenem Tag ein Kleinflugzeug beim Landeanflug auf den Flughafen der ruandischen Hauptstadt Kigali mit Boden-Luft-Raketen abgeschossen wurde, sodass die Crew und alle Passagiere, darunter der ruandische Staatspräsident und sein burundischer Amtskollege, getötet wurden, sollte die Weltöffentlichkeit zwar tags danach erfahren, welche entsetzlichen Folgewirkungen dieser Anschlag mit sich bringen würde, war den Medien nicht bewusst – die Experten in der UNO, in den Nachrichten- und Gemeindiensten der großen Nationen wussten allerdings sehr wohl, dass man nun mit dem Schlimmsten zu rechen hatte.
Der großartige Spielfilm „Sometimes in April“ von Raoul Peck (vgl. auch hier), im Nachtprogramm von ARTE gelaufen, versucht anhand der fiktiven Geschichte zweier Brüder, dem Hutu-Offizier Augustin, der mit einer Tutsi verheiratet ist, und dem Radiomoderator Honoré, der beim Radiosender Radio-Télévision Libre des Mille Collines (RTLM) beschäftigt ist, das von langer Hand geplante, propagandistisch aufbereitete und mit unfassbarer Brutalität vollzogene Genozid der Hutu an den Tutsi und gemäßigten Hutu darzustellen. Von April bis Mitte Juli 1994 wurden zwischen 800.000 und 1 Millionen Menschen (beinahe drei Viertel aller in Ruanda lebenden Tutsi) ermordet, fast die Hälfte abgeschlachtet mit Macheten.
Neben der Propagandawaffe Radio (in einem Land mit rund 40% Analphabetenquote das wichtigste Massenmedium) – der Radiosender RTML hat durch Hass- und Hetzparolen gegen die Tutsi (der Film verzichtet mit Fortdauer auf die akustische Wiedergabe der Mordparolen, sie bleiben aber ständig präsent als stumme Untertitel) maßgeblich zur propagandistischen Vorbereitung und Umsetzung des Völkermordes beigetragen, wird in diesem Film vor allem auch das Nichthandeln der Vereinten Nationen, der USA, Frankreichs und Großbritanniens präzise angesprochen, genauer, die ganz bewusste Desinformation der Öffentlichkeit, indem mit Begriffen wie „Chaos“ oder möglichen „genozidalen Akten“ operiert wurde, um keine Handlungen setzen zu müssen (laut UN-Konvention muss bei Völkermord militärisch interveniert werden).
Auf Wikipedia findet sich ein exzellenter Artikel, der den Völkermord in Ruanda, seine Ursachen in Kolonialismus und De-Kolonialismus verortet, und seine Auswirkungen auf die gegenwärtigen Verhältnisse in ganz Zentralafrika in den wesentlichen Details darstellt. Als weiterführende Lektüre, vor allem zur Rolle der Medien, kann die Publikation The Media and the Rwanda Genocide, die auch als vollständige Online-Version zugänglich ist, empfohlen werden.