In einer berührenden „Liebeserklärung an einen Querdenker“ erweist André Heller dem ehemaligen Generalintendanten des ORF Gerd Bacher die Reverenz. Bacher, der die Medienorgel ORF über Jahrzehnte „in seiner schönsten, imponierendsten Form erfunden bzw. die begabtesten Feuerköpfe um sich geschart hat, um ihn erfinden zu lassen„, wie Heller betont, hat vor allem viele machen lassen, auch dann, wenn das Produkt so gar nicht mit seinem rechtskonservativen Weltbild im Einklang stand.
Man krame etwa in eigenen Videobeständen oder erwerbe ausgewählte Klassiker der Bacher-Ära, die vor Kurzem in der Edition „Der österreichische Film“ auf DVD erschienen sind, wie etwa die sechsteilige Alpensaga, oder erinnere sich an so manche Club 2-Sendung, in der man als Heranwachsender zum ersten Mal eine Ahnung davon bekam, was zivilisierte Diskussions- und Streitkultur sein kann (etwas, was man weder von Elternhaus noch von Schule vermittelt bekam, weil das Personal dieser Sozialisierungsinstanzen selbst in autoritären Strukturen sozialisiert wurde) oder schalte auch heute noch Sendungen wie Diagonal ein – auch das eine Erfindung aus der Bacher-Ära -, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was Fernsehen und Radio sein kann und sein soll, wenn es sich als Medium der Aufklärung begreift.
Zugleich, und das sollten wir bei aller Verklärung nie vergessen: Das Bacher’sche Fernsehen war – trotz dieser, die Erinnerung prägenden Höhepunkte – in seiner Konzeption genauso anti-emanzipatorisch und autoritär wie Schule und Elternhaus, weil es, wie der Journalist Joachim Riedl zu Recht festhält, „im Bewusstseins eines Alleinvertretungsanspruches“ daher kam. Und Riedl weiter:
„Es ist ein Götze, der keine anderen neben sich dulden mag. Ein Stück Religionsersatz und wer’s glaubt, wird selig. Allen anderen ist die Hölle gewiss, darin die ewige Dummheit brodelt. (…) Die Vorstellung, Fernsehen sei eine Schule der Nation, eine Belehrungs- und Erklärungsanstalt, nährt sich aus der utopischen Idee der wohlmeinenden Diktatur, die davon überzeugt ist, es müsse eine hohepriesterliche Fürsorgeherrschaft über das unmündige Gewusel der Menscheit errichtet werden. Der Gedanke, so verführerisch er sein mag, ist in Wahrheit totalitär.“ (Hier der ganze Text von Joachim Riedl)
Fernsehen, in den 1970-ern und 1980-ern, hieß schlicht und einfach: ORF sehen. Die Fernbedienung, sofern es sie überhaupt gab, war funktionslos, weil es keine Möglichkeiten des Wegzappens gab. Angesichts des Faktums, dass es eben nicht täglich Alpensaga oder Kottan gab, also Sendungsinhalte, die man, don’t forget, wenn überhaupt, nur bei Abwesenheit elterlicher Autorität sehen konnte, sondern, ganz im Gegenteil, dass der ORF-Alltag hauptsächlich von journalistischen Geistesblitzen wie etwa dem Bacher-Freund Alfons Dalma (eigentlich Stjepan Tomicic), der seine journalistische Karriere in Propagandablättern des kroatischen Ustascha-Regimes begonnen hatte, in den späten 1960-er Jahren zum Chefredakteur im ORF aufgestiegen war und bis in die 1980-er Jahre aus dem ORF eigenen Vatikan-Studio die gesamte Süd-Europaberichterstattung abdeckte, geprägt wurde und Sendungen wie Autofahrer unterwegs die Begleitkulisse zum sonntäglichen Schweinsbraten im Elternhaus beisteuerten, ist man auch weniger anfällig für Verklärungen der Bacher-Ära.
Also, don’t forget:
Bei aller Klage gegen den Fernsehschrott im heutigen digitalen Programmbouquet, die Erweiterung im Bereich der audiovisuellen Medien, die Fülle der Angebote im Fernsehen und im Internet, eröffnet vorher nicht gekannte Optionen der Wahl für Jeden/e.
…sorry, mein für diese Stelle vorgesehener Kommentar ist bei Manes Sperber gelandet! Gox besteht darauf: Ihn trifft keine Schuld!