Aufschrei der 1989-er

flyer_faustWarum die Studierendenrevolte, abgesehen vom virtuosen, weil selbstverständlichen Gebrauch der digitalen Produktionsmittel durch die Digital Natives, so bemerkenswert ist, zeigt sich daran, dass es der Wikipedia-Generation mit der zielgruppenoptimalen Aufbereitung der Information über ihre Aktivitäten und der Kommunikation ihrer Forderungen an die interessierte Öffentlichkeit (Livestream auf unibrennt.at, Facebook, Twitter, etc.) innerhalb kürzester Zeit scheinbar wie von selbst gelungen ist, partikulare Interessen als gesamtgesellschaftliche Notwendigkeiten zu positionieren.

Das Faszinierende daran: Jene, die heute an den Unis studieren, sind in ihrer überwiegenden Mehrheit kurz vor oder kurz nach 1989 geboren, also nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Ost- und Mitteleuropa. Mit ihrem Protest erinnern sie uns alle daran, dass die damals erhofften Freiheitspotentiale nur zum Teil eingelöst worden sind. Der Kampf der Studierenden gegen Bologna und die Folgen verdeutlicht, dass es – wie das Robert Misik in seiner Audimax-Rede so schön gesagt hat – nicht nur um die „Freiheit des Handels“ sondern vor allem um die „Freiheit des Handelns“ gehen muss. Der Aufschrei der Studierenden gegen die Ökonomisierung von Bildung („Bildung statt Ausbildung„) ist untrennbar mit dem Kampf für mehr Emanzipation und Autonomie für jede/n verbunden.

Warum das den 1989-ern so souverän gelingt, hängt meiner Ansicht nach auch damit zusammen, dass diese Studierendengeneration die erste ist, die von all dem Schutt der Nazi- und Nach-Nazizeit befreit ist, die erste ist, die sich nicht mehr ausschließlich in Abgrenzung zur totalitären Geisteswelt der Eltern- und Großelterngeneration erfinden muss, die nicht mehr in all den aufreibenden Selbsterfahrungs- und Identitätsfindungsprozessen verstrickt ist, die für die 1968-er und 1978-er, bewusst oder unbewusst, noch so notwendig und so prägend waren.

Deshalb, denke ich, kann der Protest der Digital Natives im Grunde genommen gar nicht scheitern; die Abstriche, die es geben wird, werden dem Optimismus und dem Mut dieser Kids nichts anhaben können.

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3 Kommentare zu „Aufschrei der 1989-er

  1. hoffentlich behältst du recht. leider bin ich noch nicht ganz überzeugt, ob die „digital natives“ den langen atem haben, um „durch die institutionen zu marschieren“, denn nichts anderes wird notwendig sein…

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