Der Historiker Eric Hobsbawm schreibt in seiner wunderbaren Autobiographie Gefährliche Zeiten – Ein Leben im 20. Jahrhundert, wie er im Alter von 15 Jahren im Berlin der Jahre 1932/33 zum Kommunisten geworden war und seiner Überzeugung aus „Trotz“ und „Stolz“, wie er betont, und ohne sich Illusionen über die Verhältnisse in den real existierenden Sozialismen nach Weltkrieg II zu machen, zeitlebens treu geblieben ist. Obzwar Hobsbawm gegen den Einmarsch der Roten Armee in Ungarn 1956 öffentlich Stellung bezog, verweigerte er sich der anti-kommunistischen Kalten-Kriegsfront, in der sich viele ehemalige Genossen einfanden. Der Autor unterscheidet zwischen den sich an der Macht befindlichen KPs und den kommunistischen Parteien im Westen, die sich in Opposition befanden und deren Mitglieder, je nach Land verschieden, mit Berufsverboten bzw. erheblichen beruflichen Nachteilen zu rechnen hatten. So blieben dem linken Historiker die universitären Tore auf Grund seiner Mitgliedschaft in der KP Großbritanniens bis spät in die 70-er Jahre verschlossen. Dass er dennoch eine große intellektuelle Karriere machen konnte, verdankte er liberal gesinnten Verlegern, die seine historischen Studien publizierten und seinem Faible für den Jazz. Seine Konzert- und Plattenkritiken erschienen in der Presse, freilich unter diversen Pseudonymen.
Warum blieb er trotz alledem Kommunist? Warum wollte er sich dennoch nicht von der Partei trennen? Zum einen, schreibt Hobsbawm, weil er gewissermaßen noch vor den stalinistischen Prozessen in sehr jungen Jahren kommunistisch sozialisiert worden war, und zum anderen, weil die Oktoberrevolution und die UdSSR – trotz aller unleugbaren Missstände und letztendlich ungeheuerlichen Verbrechen – das in der Geschichte der Menschheit einzige Projekt der Befreiung der Arbeiterklasse war. Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar, dass Hobsbawm den Bruch Chruschtschows mit dem Stalinismus, den er in der berühmten Geheimrede auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Jahre 1956 vollzogen hat, als den Beginn des Niedergangs erfasst.
Am 22. Jänner ist Eric Hobsbawm auf Einladung der „Wiener Vorlesungen“ im Wiener Rathaus – und ich werde auch dort sein.
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