Fotocredit: APA/Herbert Pfarrhofer
Als Staatsbürger soll ich jetzt das tun, wofür die Parteien, die sich zu einer Regierungskoalition zusammengefunden haben, durch Wahl bemächtigt worden sind. Anstatt ihr Handlungsmandat auszuüben, also ein gemeinsames Konzept auszuarbeiten, dieses zu begründen und danach, falls es eine grundlegende Systemänderung mit sich brächte, in Form einer per Verfassung vorgegebenen Volksabstimmung dem Staatsvolk zur Entscheidung zu unterbreiten, legen mir diese Nichtstuer zwei Szenarien vor, die weder in gesellschaftspolitischer noch in ökonomischer Hinsicht auch nur annähernd nachvollziehbar dargestellt werden, noch dazu in Form einer Volksbefragung, die keineswegs bindend ist, deren Ergebnis sie aber – wie sie unisono erklären – für bindend erachten wollen, unabhängig davon, ob 5% oder 80% an dieser Befragung teilnehmen werden.
a) Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres
oder
b) sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?
Jetzt lasse ich einmal Variante b außer Acht, und widme mich nur dem ersten Aspekt der Variante a: Für den EU-Mitgliedsstaat Österreich würde ein Berufsheer nur dann Sinn machen, wenn das Land ganz offiziell der Neutralität abschwört und offensiv den Beitritt zur NATO angeht, schließlich läuft eine gemeinsame EU-Sicherheitspolitik de facto nur über die NATO. Diese Position haben jahrzehntelang nur die FPÖ und – mit Abstichen – die ÖVP vertreten, während ebenso lange SPÖ und Grüne vehement PRO-Neutralität und Contra-NATO argumentiert haben. SPÖ und Grüne begründen ihren politischen Kopfstand hauptsächlich mit den geänderten Rahmenbedingungen, also damit, dass nahezu alle EU-Staaten auf ein Berufsheer umgestiegen sind bzw. einen Umstieg ernsthaft in Erwägung ziehen. Was beide Parteien aber verschweigen, ist die Tatsache, dass nahezu alle diese Staaten fest in den NATO-Strukturen verankert sind.
Sehen wir einmal davon ab, dass sich die Suche nach Freunden eines NATO-Beitritts innerhalb der SPÖ und vor allem innerhalb der Grünen schwieriger gestalten würde, als jene nach der Nadel im Heuhaufen, sondern fassen wir nur ins Auge, dass die österreichische Bundesverfassung sowohl vor einem Abgehen von der Neutralität als auch vor einem Beitritt zur NATO zwingend eine Volksabstimmung vorsieht, deren Ergebnis für die Bundesregierung verpflichtend wäre. Im Lichte dessen ist klar, warum die logische Konsequenz eines „Profiheeres“ nicht offen angesprochen werden kann: Das Scheitern bei der Volksbefragung wäre gleichsam von vornherein beschlossene Sache.
Ist die Volksbefragung an sich schon absurd, zur völligen Lachnummer könnte das Ganze dann werden, wenn eine Mehrheit der Hingeher für ein Berufsheer votiert, und die Bundesregierung – entsprechend der Aussage, jedes Votum akzeptieren zu wollen – die Umstellung angehen müsste. Was dann? Dann kommen zuerst einmal Neuwahlen. Und dann? Längerfristig, und wohl aus ökonomischen Gründen zwingend, wohl nur die NATO-Mitgliedschaft, der aber eine verpflichtende Volksabstimmung vorangehen müsste.
Die SPÖ wird dann aber wiederum für die allgemeine Wehrpflicht eintreten, hat doch dann die Kronen-Zeitung längst eine Kampagne laufen gegen NATO-Beitritt und für die Beibehaltung der Neutralität. Michael Häupl, ehemaliger Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien, mittlerweile das Gewissen der Partei, wird das Proponenten-Komitee anführen und Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos, der so wie vor seiner Zeit als Minister wieder die Wahlkämpfe für seine Partei ausrichten darf, stellt die Wahlwerbung unter das Motto „Die Wehrpflicht muss in Stein gemeißelt werden„.
P.S. Von den Proponenten der Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht, die zum „Einsatz für Österreich“ nationalistisch aufgeblasen wird, will ich erst gar nicht reden.